Es gibt kaum Dinge, die privater sind als unser Gesundheitszustand – da stimmen Sie mir sicherlich zu. Allenfalls der eigene Partner und notgedrungen auch der behandelnde Arzt oder Therapeut erhält Einblick in diese äußerst sensible Materie. Was aber, wenn Ihre Patientendaten von nun an nicht mehr in der Praxis Ihres Arztes unter Ihrem Namen in Ihrer Patientenakte abgelegt sind? Was, wenn sie nun digital auf einem elektronischen Chip gespeichert und im Notfall sogar ohne Ihre Einwilligung ausgelesen werden können? Fühlt sich unschön an. Das finden wir auch! Mehr Datenaufkommen, ausführlichere Dokumentation, engmaschigere Überwachung, mehr Transparenz, stärkere Kontrolle durch den Gesetzgeber? Aber hat diese Entwicklung auch ihren positiven Nutzen? Schlagworte wie E-Health Gesetz, e-Card (elektronische Gesundheitskarte) und Telematik Infrastruktur sind lange keine Fremdwörter mehr.
Doch wie stehen eigentlich die Leistungserbringer, sprich die Ärzte/innen und Behandler dieser Entwicklung gegenüber? Sind Sie es doch, denen ein erhebliches Einsparpotential und eine deutliche Aufwandsminimierung durch die elektronische Speicherung aller relevanteren Patientendaten versprochen wird.
Was sagen diejenigen, die tagtäglich damit umgehen müssen?
askallo wollte es genau wissen und führte in einem Feldprojekt unter der Leitung von Ivonne Kurz eine Online-Umfrage durch – diese beförderte Erstaunliches zu Tage. Befragt wurden niedergelassene Ärzte/innen und Behandler in eigenen Praxen, Kliniken und gesundheitlichen Einrichtungen, um genau dort Informationen zu bekommen, wo die Digitalisierung tatsächlich im Alltag Anwendung finden soll. E-Health Gesetz, Medikationsplan und Patientenfach stehen in direktem Zusammenhang mit der Schaffung einer Telematik-Infrastruktur und dem Problem der Datensicherung. Ganz persönliche Meinungen, kritische Stimmen, positive Erfahrungen und Hintergrundinformationen – ein authentisches Feedback von askallo für Sie. Lesen Sie selbst:
Ärzte-Studie schafft Klarheit
In der heutigen Zeit macht der technische Fortschritt auch vor der deutschen Ärzteschaft nicht halt. So nutzen laut unserer Umfrage bereits 90% der Befragten ein Smartphone und beschäftigen sich auch mehrheitlich intensiv mit neuen Technologien. Doch sind Sie auch alle überzeugt davon, durch die weitere Digitalisierung, der Einführung der e-GK (elektronische Gesundheitskarte) und durch das neue e-Health Gesetzt eine echte Arbeitsentlastung und einen Patientennutzen zu erwarten?
Laut öffentlicher Prognosen sei es weitaus einfacher alle Patientendaten digital zur Verfügung zu haben. Jegliche Änderungen wären ohne viel Mühe vollzogen und veraltete Zettelwirtschaft – sei es von Röntgenfotos, Patientenakten oder sonstigen Material – würde der Vergangenheit angehören. Hört sich doch zunächst ziemlich vielversprechend an. Ist es doch tatsächlich längst üblich, seine Termine digital zu verwalten, Erinnerungen in Form von Mails oder SMS zu erzeugen. So gut wie niemand mehr hat tatsächlich einen Notizblock und einen Stift bei sich – warum also weiterhin in diesem Punkt eine Ausnahme machen und auf das gute alte Karteikartensystem setzen wollen?
Meinung der Ärzte zu DigitalisierungErstaunlicherweise geht die überwiegende Mehrheit der Befragten nicht davon aus, eine Arbeitserleichterung erwarten zu können. Rund ein Viertel fürchtet sogar einen deutlichen Mehraufwand für die Einarbeitung in die neuen Systeme. Viel zu versprechen scheint sich laut unserer Umfrage wohl niemand davon. Doch damit nicht genug! Mehr als die Hälfte aller Befragten geht regelrecht von einer Gefährdung der Privatsphäre des Patienten aus und fürchtet, dass es in Zukunft schwieriger werden wird, die Bevölkerung medizinisch zu versorgen, da die Nachfrage seitens der Bevölkerung schneller steigen würde als das Angebot durch medizinisch geschultes Personal, Ärzte/innen und Behandler es auffangen könnte.
Was soll uns also die Digitalisierung durch die e-Card bringen?
Doch genau hier soll die Digitalisierung Ihre Stärke ausspielen und echte Chancen zur Verbesserung der Versorgungsleistung mit sich bringen. Wenn Patienteninformationen, die im Zweifel über Leben und Tod entscheiden durch nur einen Klick , über die e-Card verfügbar sind, ein interaktives Netzwerk, Diagnosen durch das Vier-Augen Prinzip oder Expert-Advice schneller und präziser möglich macht und sogenannte Wechselwirkungs-Unfälle dadurch abgewendet werden können, hat die Digitalisierung unter diesen Gesichtspunkten offensichtlich Ihre Daseinsberechtigung.
Auch trägt es zur allgemeinen finanziellen Entlastung des Gesundheitssystems bei, wenn Versorgungsmissbrauch schneller aufgeklärt oder von vornherein ausgeschlossen werden kann.
Wichtig ist aus unserer Sicht, dass Patienten nach wie vor das Recht auf Ihre Privatsphäre behalten! Dass die positiven Seiten – Notfallinformationen, Medikationsplan und Patientenfach – anwendbar sind, ohne Angst, dadurch zum gläsernen Patienten zu mutieren. Zunächst sollten die Anbieter also alles daransetzen, die benötigte Datenautobahn – die Telematik Infrastruktur – so sicher wie nur möglich zu gestalten. Vorher ist diese Art der Digitalisierung von äußerst sensiblen Daten ein echtes Wagnis mit unvorhersehbaren Folgen.